Pflegebedürftigkeit
Pflegebedürftigkeit nach SGB XI
Die Pflegebedürftigkeit ist in Deutschland im elften Buch des Sozialgesetzbuch (SGB XI) definiert. Unter dem § 14 und § 15 stehen die Bestimmungen, wann ein Mensch laut Gesetz als "pflegebedürftig" gilt und wie diese Einstufung beurteilt und gemessen wird.
Pflegebedürftig sind demnach Personen, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen.
Es muss sich um Personen handeln, die körperliche, kognitive oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbständig kompensieren oder bewältigen können. Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate und mit der in § 15 festgelegten Schwere bestehen.
Feststellung der Pflegebedürftigkeit
Bei der Beurteilung, wie stark der Versicherte pflege- und hilfsbedürftig nach SGB XI ist, zählt in erster Linie wie selbständig der Versicherte in sechs wesentlichen Bereichen seines täglichen Lebens noch ist. Neben den vorhandenen körperlichen und kognitiven Ressourcen des Versicherten werden auch die Entlassungsberichte von Krankenhäusern, Berichte und Dokumentationen von Pflegediensten und ärztliche Diagnosen zu psychischen oder körperlichen Erkrankungen, geistigen oder körperlichen Behinderungen berücksichtigt.
Nachfolgend sind die sechs Bereiche, welche begutachtet werden aufgeführt:
- Mobilität:
- Positionswechsel im Bett, Halten einer stabilen Sitzposition, Umsetzen, Fortbewegen innerhalb des Wohnbereichs, Treppensteigen
- Kognitive und kommunikative Fähigkeiten:
- örtliche und zeitliche Orientierung, Erkennen von Personen aus dem näheren Umfeld, Erinnern an wesentliche Ereignisse oder Beobachtungen, Steuern von mehrschnittigen Alltagshandlungen, Treffen von Entscheidungen im Alltagsleben, Verstehen von Sachverhalten und Informationen, Erkennen von Risiken und Gefahren, Mitteilen von elementaren Bedürfnissen, Verstehen von Aufforderungen, Beteiligen an einem Gespräch
- Verhaltensweise und psychische Problemlagen:
- nächtliche Unruhe, motorisch geprägte Verhaltensauffälligkeiten, selbstschädigendes und autoaggressives Verhalten, Beschädigen von Gegenständen, physisch aggressives Verhalten gegenüber anderen Personen, verbale Aggression, andere pflegerelevante vokale Auffälligkeiten, Abwehr pflegerischer und anderer unterstützender Maßnahmen, Wahnvorstellungen, Ängste, Antriebslosigkeit bei depressiver Stimmungslage, sozial inadäquate Verhaltensweisen, sonstige pflegerelevante inadäquate Handlungen
- Selbstversorgung:
- Waschen des vorderen Oberkörpers, Körperpflege im Bereich des Kopfes, Waschen des Intimbereichs, Duschen und Baden einschließlich Waschen der Haare, An- und Auskleiden des Oberkörpers, An- und Auskleiden des Unterkörpers, mundgerechtes Zubereiten der Nahrung und Eingießen von Getränken, Essen, Trinken, Benutzen einer Toilette oder eines Toilettenstuhls, Bewältigen der Folgen einer Harninkontinenz und Umgang mit Dauerkatheter und Urostoma, Bewältigen der Folgen einer Stuhlinkontinenz und Umgang mit Stoma, Ernährung parenteral oder über Sonde
- Umgang mit krankheitsbedingt- und therapiebedingten Belastungen:
- in Bezug auf Medikamente, Injektionen, Versorgung intravenöser Zugänge, Absaugen und Sauerstoffabgabe, Einreibungen sowie Kälte- und Wärmeanwendungen, Messung und Deutung von Körperzuständen, körpernahe Hilfsmittel,
- in Bezug auf Verbandswechsel und Wundversorgung, Versorgung mit Stoma, regelmäßige Einmalkatheterisierung und Nutzung von Abführmethoden, Therapiemaßnahmen in häuslicher Umgebung,
- in Bezug auf zeit- und technikintensive Maßnahmen in häuslicher Umgebung, Arztbesuche, Besuche anderer medizinischer oder therapeutischer Einrichtungen, zeitlich ausgedehnte Besuche medizinischer oder therapeutischer Einrichtungen,
- in Bezug auf das Einhalten einer Diät oder anderer krankheits- oder therapiebedingter Verhaltensvorschriften
- Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte:
- Gestaltung des Tagesablaufs und Anpassung an Veränderungen, Ruhen und Schlafen, Sich beschäftigen, Vornehmen von in die Zukunft gerichtete Planungen, Interaktion mit Personen im direkten Kontakt, Kontaktpflege zu Personen außerhalb des direkten Umfelds.
Antragstellung für die Pflegeeinstufung
Damit Sie Leistungen aus der Pflegeversicherung erhalten, muss der Versicherte einen Antrag bei der jeweiligen Pflegekasse stellen. Ob Sie privat oder gesetzlich versichert sind, alle Pflegekassen arbeiten mit Gutachtern (medizinischer Dienst der Krankenkassen (MDK) oder MEDICPROOF) zusammen. Der Gutachter wird sich nach Antragstellung bei Ihnen melden, um einen Termin für die persönliche Begutachtung des Antragstellers zu vereinbaren.
Zur Vorbereitung empfehlen wir Ihnen, den Pflegeaufwand anhand eines Tagebuches zu notieren.
Nach dem Besuch des Gutachters erhalten Sie den Bescheid von der Pflegekasse über den zugewiesenen Pflegegrad.
Sollten Sie fälschlicherweise keine Pflegegrad erhalten oder es ist ein zu geringer Pflegegrad anerkannt worden, so können Sie Widerspruch gegen die Entscheidung der Pflegekasse einlegen.
Wir begleiten und beraten Sie gerne von der Antragstellung, über die Begutachtung bis hin zu einem eventuellen Widerspruch.
Kontaktieren Sie uns und vereinbaren Sie einen Beratungstermin. Die Erstberatung erhalten Sie kostenfrei.